Ernesto Rossi

Ernesto Ferdinand Rossi (*10.6.1920 in Bremen, † 4.12.1979 in Tanunda, Barossa Valley, South Australia) war ein deutscher Akkordeonist, Multi-Instrumentalist, Arrangeur, Ensembleleiter und genialer Musikpädagoge, der in den 50er Jahren und Anfang der 60er Jahre als Wegbereiter für den musikalischen Gruppenunterricht in offener Besetzung gelten kann.

Schon als Siebzehnjähriger, obwohl Autodidakt, wurde Rossi von Radio Bremen zu den sonntäglichen Hafenkonzerten engagiert. Gleich zu Beginn des zweiten Weltkrieges wurde er eingezogen und machte Dienst als Musiker in einem Fronttheater. Dabei geriet er in russische Kriegsgefangenschaft und war bis 1949 in einem russischen Lager in der Nähe von Kiew interniert, zusammen mit 5000 Mitgefangenen aus Deutschland, aber auch aus verschiedenen Balkanländern, die mit Deutschland verbündet gewesen waren. Durch die Gründung eines Lagerorchesters aus den vorhandenen Musikern, die sich ihre Instrumente zum Teil aus Holzkisten und Drähten selbst bauten , lernte Rossi zahlreiche Melodien aus der europäischen Folkloremusik von den Mitgefangenen kennen, die er später aus dem Gedächtnis abrufen konnte und die ihm als Grundlage für seine musikpädagogische Arbeit dienten.

Nach seiner Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft 1949 nahm Rossi seine frühere Tätigkeit bei Radio Bremen wieder auf. Er lernte dort seine spätere Ehefrau, die Altistin Martha Deisen kennen, die er bei plattdeutschen Volksliedern auf dem Akkordeon begleitete. Mit dem Bremer Akkordeonvirtuosen Georg Espitalier bildete er das erfolgreiche Akkordeonduo Rossi/Espitalier und gründete mit anderen Instrumentalisten, darunter auch der Gitarrist Klaus Buhé, den Spielkreis Rossi/Espitalier, zum Teil mit selbstgebauten und weiterentwickelten Instrumenten wie einchöriges Zimbal, Bassxylophon und Vibraphon in Ganztonanordnung. Hier entstanden Arrangements und Kompositionen aus der europäischen Folkloremusik, die bei Radio Bremen eingespielt wurden.    

Martha Deisen bekam ein Engagement an der Gelsenkirchener Oper und später bei der Deutschen Oper am Rhein. Dadurch verlegte Rossi seine Aktivitäten nach NRW.

Er arbeite als Akkordeonist und Musikpädagoge mit Bergwerkslehrlingen in Gelsenkirchen, mit Kindern und Jugendlichen in Düsseldorf, an der neugegründeten Jugendmusikschule in Remscheid, an der Singschule Duisburg, in der Jugendpflege Solingen und als Dozent der neugegründeten Musischen Bildungsstätte in Remscheid (heute Akademie der kulturellen Bildung). Sein Unterrichtsmodell war sehr vielseitig und umfangreich, angefangen vom Instrumentenselbstbau, Einzelunterricht, bis hin zum Gruppenunterricht beim gemeinsamen Musizieren. Als Grundlage seines Spielmaterials nahm er europäische Lieder und Tänze, die er sowohl im authentischen Stil, als auch modern experimentell nach den Fähigkeiten seiner Instrumentalisten arrangierte oder komponierte.  

Aus seinen begabtesten Schülern in Düsseldorf formte er seinen Spielkreis Ernesto Rossi, der bald als Modell der Landesarbeitsgemeinschaft Musik NRW durch Produktionen und Live-Übertragungen im WDR, durch Konzerte bei Jugendveranstaltungen und Auftritte bei Chorkonzerten große Aufmerksamkeit gewinnen konnte.

Ernesto Rossi arbeitete mit vielen Musik- und Tanzpädagogen aus NRW zusammen, darunter u.a. Karl und Thilde Lorenz, Remscheid, Hanni Henning, Lüdenscheid, Helmut Heuken, Mühlheim/Ruhr, Paul Nitsche, Bergisch Gladbach, Prof. Ernst Klusen, Krefeld, Paul Volkmann, Remscheid, Hans Schäfer, Radevormwald, Anneliese Schmolke und Prof. Herbert Langhans, Köln. Durch die Auseinandersetzung mit den bis dahin in Deutschland fast unbekannten Rhythmen, Harmonien und Melodien der Folkloremusik regte er, abweichend von dem Orff‘schen Modell einer speziellen Jugendmusik, eine neue Sichtweise auf die Nachkriegs-Jugendmusikerziehung an.

Rossi wanderte 1964 mit seiner Frau und seinen zwei Kindern nach Australien aus und war dort sowohl als Musikpädagoge und Pianist, als auch als Winzer im Weinanbaugebiet Barossa Valley tätig. Seine Schülerinnen und Schüler in Deutschland, u.a. Helga Romberg, geb. Arnold an der Musikschule Meerbusch, Brigitte Richter-Pickard an der Musikschule Neuss, Gerd Philips in Viersen, Jürgen Hübscher und Henner Diederich setzten seine musikpädagogische Tätigkeit in seinem Sinne erfolgreich fort.

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